Vom Solarparkplatz bis zum Bürgerbus:
Mit diesem Fahrplan will Wennigsen bis 2035 klimaneutral werden


Textquelle aus HAZ+ vom 26.05.2025 um 14:26 Uhr von André Pichiri
https://www.haz.de/lokales/umland/wennigsen/wennigsen-klimaschutzaktionsprogramm-mit-40-massnahmen-klimaneutral-bis-2035-ZHXKM76EZVA5BD3NR3725LMR2I.html
Photos von Privat


Klimaneutralität bis 2035 ist das Ziel. Den Fahrplan dafür hat die Gemeinde Wennigsen mit ihrem Klimaschutzaktionsprogramm jetzt festgelegt. Vom Solarparkplatz bis zum Bürgerbus – das sind die wichtigsten Maßnahmen und Investitionen in den kommenden Jahren.



Wennigsen. Der Umfang des 142 Seiten starken Werks spricht für sich: Meint es die Gemeinde Wennigsen ernst mit der Klimaneutralität bis 2035, muss sie in den kommenden Jahren einiges dafür tun. Mit dem <Klimaschutzaktionsprogramm (KAP)> haben sich Verwaltung und Politik jetzt auf einen Fahrplan geeinigt. Das Ergebnis ist ein Paket mit mehr als 40 Maßnahmen.

Grünen-Ratsfrau Angelika Schwarzer-Riemer sprach von einem „bedeutenden Schritt, um den Klimawandel zu bekämpfen“. Zugleich betonte sie, dass weder die Verwaltung noch der Rat das Ruder allein herumreißen könnten. Ob beim Umgang mit Energie, bei der Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel oder beim Bewusstsein für nachhaltigen Konsum – „essenziell ist, dass wir alle mitmachen, jeder Beitrag zählt“, so Schwarzer-Riemer.

Demonstrierende vor Rathaus für KAP und klimaneutrales Wennigsen 2035
WfF-Demo pro Klimaschutzaktionsprogramm vor Wennigser Rathaus und Ratssitzung mit positivem Beschluss Photo privat


Ein Bus von Bürgern für Bürger

Mit dem KAP will Wennigsen unter anderem seinen Teil zur Mobilitätswende beitragen. Um den CO₂-Ausstoß zu senken, werden etwa das Radwegenetz und die öffentliche Ladeinfrastruktur für E-Autos und E-Fahrräder ausgebaut. Zwischen den erwartbaren Vorhaben wie die Förderung weiterer Carsharing-Angebote durch private Anbieter sticht die Idee eines Bürgerbusses heraus. Diese Busse werden von Ehrenamtlichen gefahren und sollen die ÖPNV-Lücken in den Ortsteilen schließen.

Die Gemeinde plant dazu ein Pilotprojekt und kann sich den langfristigen Betrieb über einen Bürgerbusverein vorstellen, wie es andere Kommunen bereits erfolgreich vorgemacht haben. Als Vorbilder nennt sie die Stadt Kevelaer in Nordrhein-Westfalen und die Gemeinde Brieselang im Landkreis Havelland. Die Busse könnten zumindest teilweise über Werbung und Fördermittel gegenfinanziert werden.


PV-Anlagen über Parkplätzen und Garagen

Der Ausbau von Windkraftanlagen ist auf zwei Flächen zwischen Degersen und Redderse sowie auf einem Flurstück zwischen der L390 und der B217 bereits beschlossene Sache. Die Gemeinde hat darauf keinen Einfluss. Beim Thema Photovoltaik (PV) will man umso mehr selbst aktiv werden, die Dächer kommunaler Gebäude wie dem Bauhof und der Kita Vogelnest mit PV-Anlagen bestücken.

Mit 70.000 Euro Planungskosten wird außerdem die Idee für einen überdachten PV-Parkplatz konkret. Infrage kommen die Parkplätze an der Sorsumer Straße (Friedhof), am Kaufhaus Heitmüller, an den Schulen sowie die Park-and-ride-Anlagen an den S-Bahnhöfen in Wennigsen und Holtensen. „Ideal für das solare Laden“ sind laut Gemeinde auch Flachdächer von Garagenhöfen. Von dort könne der Strom direkt in Wallboxen für das Laden von E-Autos fließen.


Auch im Privathausbestand will die Gemeinde energetische Sanierungen vorantreiben. Ziel ist eine jährliche Sanierungsquote von 3 Prozent. Vom Umstieg von Öl- und Gasheizungen auf Wärmepumpen bis zum richtigen Einsatz von Dämmstoffen finden Beratungskampagnen zu wechselnden Themen statt. Darüber hinaus werden einzelfallbezogene Vor-Ort-Beratungen angeboten.


Gründächer im Gewerbegebiet

In der lokalen Wirtschaft will die Gemeinde neue klimafreundliche Standards für Gewerbegebiete setzen. Beispiele sind Gründächer und -fassaden. In Kooperation mit Schulen und Handwerk sollen zudem klimarelevante Berufe wie PV-Installateur oder Sanitär-, Heizungs- und Klimatechniker beworben werden.

Manche Maßnahmen sind komplex und erfordern Zeit, andere sind mit enormen Kosten verbunden. Klar ist aber, dass ab sofort das KAP Handlungsgrundlage für alle klimarelevanten Entscheidungen der Verwaltung ist. „Das Maßnahmencontrolling werden alle Fraktionen in den Ausschüssen begleiten. Sorgen wir dafür, dass das Programm kein Papiertiger bleibt“, appellierte Grünen-Vertreterin Schwarzer-Riemer an die Ratsmitglieder.

Demonstrierende vor Rathaus für KAP und klimaneutrales Wennigsen 2035
WfF-Demo pro Klimaschutzaktionsprogramm vor Wennigser Rathaus und Ratssitzung mit positivem Beschluss. Klima NEUTRAL ist eine große Herausforderung Klima IGNORANZ noch eine größere Photo von privat


CDU ist geteilter Meinung

In Teilen der CDU ist man jedoch skeptisch. Bereits im Umweltausschuss hatten sich die beiden Vertreter der Christdemokraten bei der Abstimmung über das KAP enthalten. Bei der Gruppe Wennigsen for Future kam das nicht gut an und motivierte zur Ratssitzung rund 30 Klimaschützer zu einer Mini-Demo vor dem Rathaus. Das Motto: „Klimaschutz braucht jede Stimme!“

In der Sitzung glätteten sich die Wogen nicht – im Gegenteil. Angesprochen auf seine Enthaltung stellte der CDU-Fraktionsvorsitzende Ernst Herbst den Klimawandel als menschengemachtes Problem sogar infrage. „Ich persönlich halte den menschengemachten Anteil für relativ gering“, sagte er.

Bei der finalen Abstimmung im Rat blieb Herbst bei seiner Enthaltung. Kritisch sah er unter anderem den personellen Aufwand in der Verwaltung. Ohne die Vollzeitstellen kräftig aufzustocken sei ein Paket in dieser Größenordnung nicht zu stemmen. Auch CDU-Kollege Hans von Randow und Wilfried Meiser (parteilos) enthielten sich. Werner Werner (AfD) stimmte als einziges Ratsmitglied gegen das KAP.